II.

Die Schutte.

Schon in Salzuflen, das damals als blühende Salzhandelsstadt heranwuchs, hatte das Geschlecht der Schutte, das 1487 auf dem Meierhofe zu Schwabedissen einzog, im Lehnsverhältnis zur Abtei Herford gestanden. In Salzuflen waren sie ein angesehenes und begütertes Geschlecht. Im Jahre 1336 bewohnte dort Everhard, Schutte genannt, ein Haus, das Heinrich Gogreve, Ritter, vor der Abtissin Liutgard von Herford an Komtur und Brüder des Herforder Johanniterhauses "mit aller schlechter Nut" für 15 M. Herf. Pfennig verpfändete21). Ein Johann Schuttink wurde am 29. Oktober 1356 von den Gebrüdern Gottschalk, Hermann und Friedrich de Wend mit deren Salzhausen zu Uflen auf 9 Jahre von Petri an gegen einen Zins von 4 Molt Salz bemeiert22). Johannes Scutte hatte 1360 ein Salzhaus (domus salsuginis sita in Soltuffelen) zu Lehen23), das vorher Goswin de Quernham innehatte.

Zum gleichen Geschlecht gehörte wohl ein Hermann de Schutte, der 1425 mit seiner Frau Alheit und deren Mutter Metteke, Frau des verstorbenen Henneke van Hevere, ihr Haus, genannt Luttiken-Huchterdeso im Kirchspiel Snathorst mit dem Molendyke und allem Zubehör dem Herrn Dyderike van Zummeren (= Gummeren ?), Propst, Gosten van Arnholde, Priorin, und dem ganzen Konvent des Klosters Quernheim für die Bruderschaft des Hl. Leichnams für 35 rhein. Gulden verkaufte24). Der Meierhof Luttiken-Huchterdeso war aus dem Besitze der van Heveren, von denen schon 1370 Johann van Heveren, seine Frau und ihre Erben erwähnt werden25), durch Heirat an Hermann de Schutte übergegangen, der 1425 als villicus dort genannt wird. Auch von den van Heveren hatten viele von der Abtei Herford Güter zu Lehen. Weiteres ließ sich über diesen Hermann de Schutte und seine Familie nicht ermitteln. Ein Ratsherr Andreas Schutte, 1476 zu Lübbecke, mag zu seinen Stamm gehören.

Tafel 3
Johann Moller und Johann Schutte 1496.
Staatsarchiv Münster: Mskr. VII 3325 d fol. 42 b.

Wie aber dieser Hermann Schutte in der Schnathorster Gegend den Meierhof Luttiken-Huchterdeso (Klein-Huchzen) erwarb und, wenn auch nur für kurze Zeit, im Besitz hatte, so erlangte Dethard Schutte in der Gegend von Salzuflen bald die Belehnung mit dem Meierhofe zu Schwabedissen, der dann jahrhundertelang in den Händen der Schutte bleiben sollte.

Im Jahre 1487 waren Dethard Schutte26), der schon 1482 Ratmann zu Salzuflen war, und Johannes Moller zu Salzuflen mit dem Meierhofe belehnt worden. Auf Dethard Schutte folgte 1491 Johann Schutte (zweifellos ein Sohn), juvenis oppidus in Uffeln, der wie jener mit der Hälfte der "curia in Swabedissen" belehnt wurde.

1496 fand eine Neubelehnung statt27). "Johann Moller et Joh. Schutte cives oppidi in Ufflen receperunt simul in feudum dat guyd, genant Swavedeyse, in dem Kerspel von Schotmar."

Auch als Lehnsträger des Meierhofes zu Schwabedissen behielten zunächst die Schutte noch ihre Rechte als Salzufler Bürger. In Salzuflen selbst war das Geschlecht zur gleichen Zeit noch vertreten durch Bernard Schutte sowie durch Johann Schutte den Älteren, beides auch wohl Brüder oder Söhne des Dethard. Am 30. Mai 1487 verkaufte Wilhelm von Grest, Bürgermeister von Bielefeld, die Hälfte von Seligenwörden, sein ihm zugefallenes Erbteil, "mit aller Gerechtigkeit in Holze und Felde, in Wasser und Weide, in Torfe und Zweigen und so fort, so das alles gelegen ist zwischen dem Hofe zu Swawedissen, Walberghe und dem heiligen Geist und bis an die Salze, dem ehrsamen Bernde Schutten, Engelen, seiner echten Hausfrau, ihren Erben oder dem Inhaber des Briefes für 100 gute, oberländische, rheinische Gulden"28). Bernadus Schutte und Engele, seine Hausfraue, kaufen 1496 von Wilhelm von Greste, dem Bürgermeister von Bielefeld, der 1495 als Lehnsinhaber des halben Amtes Seligenwörden auch noch den halben Hof zu Swabedissen unter sich hatte, "20 Stucke Landes und 1 gardenstucke, behorig in de Molenhove, belegen vor Salzuflen". Johann Schutte und seine Mutter Eleyzabeth erwarben von Wilhelm von Grest "26 Stucke Landes ut der Molenhove".

Das Lehnsprotokoll schreibt darüber29): "Wilhelm de Grest, proconsul oppidi Bilveld. vendidit ac dimisit cum consensu abbatisse Ludolph tom Broke, Gesen Deppink et Greten Krognink 1/2 hove landes, geheyten de Molenhove, in der Veltmarke von Soltuffelen und 1 garden, Bernardo Schutten, Engelen sue uxori 20 stucke landes und 1 gardenstucke, ok in den Molenhove behörig, belegen vor Soltuffelen, Johann Schutten et Eleyzabeth eius matri 25 stucke landes ut der Molenhove vorgen. vor Soltuffelen allet belegen, cum gratia recemptionis."

Inzwischen hatte der seit 1491 zu Schwabedissen seßhafte Johann Schutte die ihm zustehende Hälfte diese Hofes an seinen älteren Bruder zu Salzuflen, auch Johann genannt, abgetreten30).

1501: "Ad resign. Johannis Schutten in Uffelen, Joh. Schutte in Uffelen senior, predicti Johannis frater recepit 1/2 m. in Swavedissen in par. Schotmar ad officium Seligenwörden spectantem." Johann Schutte de Elder, der bis dahin in Salzuflen als Bürger ansässig war, mußte seine Hälfte von Schwabedissen mit "sess und dartich Gold Rynsche Gulden up twe Molt soltes" vom Stifte belasten lassen, auf Ablösung dieser Rente "bynnen achte Jaren"31).

Am 20. April 1506 kaufte Bernd Schutte als Deche der Kirche auf dem Hallenbrinke für 8 Gulden eine Rente von 5 Scheffel Salz.

Im Jahre 1508 wurde Bernhard Schutte in Uffelen mit 1/4 van den Molenhove, den früher Wilhelm de Greste zu Lehen hatte, belehnt, in welch virdel horen 16 stucke landes und 1/2 anewenden stucke al vor Uffelen in der veltmark belegen. Mit einem anderen Viertel des Molenhoves wurde im gleichen Jahre Johann Schutte to Soltuffelen belehnt, in welch virdel behorig synd 27 stucke landes und eyn boge, gnant dat honover, behorig in dat ampt to Seligenworden32). Dieser Johann Schutte dürfte wohl der Jüngere sein, der Schwabedissen 1501 an seinen älteren gleichnamigen Bruder abgetreten hatte.

Tafel 4
1501: Johann Schutte der Ältere erwirbt Schwabedissen
von seinem Bruder Johann Schutte dem Jüngeren.
Staatsarchiv Münster: Mskr. VII 3325 d fol. 54 b.

Auch den Salzufler Besitz scheint der jüngere Johann Schutte nicht allzulange in Händen gehabt zu haben. 1510 trat er eine Rente von "twe molt gersten in unde uth sine havere unde andere lant unde gute vor viftig golden guldenn" an Hinricus Sorp, Kerkhern tom Dorenberge, Amtmann der Äbtissin zu Herford, ab. Im Jahre 1512 nahm der neue Inhaber des Meierhofes hundert Goldgulden von Johannes Vögeholt auf, wahrscheinlich, um damit seinen Hof vergrößern zu können. Außer Swavedissen erwarb der ältere Johann dann auch noch andere Güter von seinem jüngeren Bruder, so 151633) einen Hof to Uffelen, "de eyn lehn und pachtgut is de costerynen der Kerke to hervorde to behof des hilgen sacramentes, dar sal he jarlix 2 sheppel wetes sende 7 voderen Krossen offte gewerde dem h. sacramente in dem monster van gewen". An Hermann Gockel mußte der jüngere Johann Schutte noch 1518 "de helffte, eyns Kamps gen. Honover" abtreten, einen Besitz, den er erst 1508, wie wir vorher sahen, erworben hatte34).

1544, 28. August, verkauft der Ratsverwandte Gerdt Schutte und Anna, seine Hausfrau, den Armen-Provisoren für 10 Taler eine jährliche Rente von 1/2 Taler aus ihrem erbhaftigen Hause, Hofe, Hausstätte und Spyker binnen unserer Stadt zwischen Konrad Bovens, unseres Sekretärs, und Jürgen Kremers Hause.

In späterer Zeit verschwinden die Schutte aus Salzuflen, in Schwabedissen aber blieben sie seßhaft. Hier war auf Dethard Schutte (1487) zunächst 1491 dessen jüngster Sohn Johann Schutte auf dem Meierhofe gefolgt. Dieser trat 1501 Schwabedissen an seinen älteren Bruder Johann ab. Der übrige Teil des Amtes Seligenwörden, zu dem ja auch der Hof zu Schwabedissen gehört hatte, war inzwischen durch Kauf an die Stadt Salzuflen übergegangen. Da nun 1489 vor dem Richter zu Salzuflen Dethard Schutte und Johann Molner bekannt hatten, daß sie beim Ankaufe des Hofes zu Schwabedissen der Gemeinheit zu Saltuffelen das Triftrecht, das Hofrecht und künftig das Vorkaufsrecht eingeräumt hatten, suchte die Stadt Salzuflen, die seit 1501 im Amte Seligenwörden die niedere Gerichtsbarkeit, Rechte am Holzschlag in der Wüste und die Holzgrafschaft in den Wäldern inne hatte, auch auf den Hofe zu Schwabedissen Rechte geltend zu machen. So kam es 1508 zu Streitigkeiten, bei denen es sich u.a. auch um das von dem Meier dem Rate in Meierstatt gegebene Stortel-Gut handelte. Selbst zu Tätlichkeiten ließ sich der erbitterte Meier hinreißen, so daß er eine Zeitlang wegen Totschlags zu Brake gefangen gesetzt war. Schließlich wurde er, nachdem er vor dem lippischen Richter Hans Körner zu Lemgo Urfehde geschworen hatte, in Freiheit gesetzt. Er versprach, sich an den zu Ufflen und anderen lippischen Untertanen nicht zu rächen und nichts Gewaltsames mehr gegen sie zu unternehmen. Es verbürgten sich u.a. für ihn Johann Schutte, Ludeke Lyndemann, Hillebrant Molner. Der unter den Bürgen aufgeführte Johann Schutte dürfte wohl ein Vetter der Salzufler Schutte sein, ein Johann Schutte, Bürger zu Lemgo, der 1506 von Heinrich von Exter mit dem Land bei Lemgo belehnt wurde35). Zu Lemgo saß auch schon 1394 ein Hense Schutte im Rate.

In den Lippischen Regesten wird die Bedeutung Schutte (Schütte) = Schütze vermutet, ein urkundlicher Beleg hierfür jedoch nicht erbracht. Im allgemeinen wird für den Namen Schütte diese Namensdeutung allerdings zutreffen. Ernst Förstemann, "Altdeutsches Namensbuch", Bonn, gibt die Deutung wie folgt: "Der Name Schütte: althochdeutsch Scuzzeo, scuzzo, sagittarius; neuhochdeutsch = Schütze." Nach Bähmisch, "Die deutschen Personennamen", ist er nichts anderes, als die niederdeutsche Form von Schütz. Man findet den Namen Schütte sowohl in dieser Form, wie in verschiedenen Abarten: Schutten, Schütten, Schuttenius, Skytte.

Ein in Salzuflen befindliches Relief (über der Tür der Polizeiwache), darstellend die Erschaffung des Weibes, den Sündenfall und die Austreibung aus dem Paradiese, ist an einem Hause, das etwa um 1550 von dem Bürgermeister Jobst Gießenbier erbaut worden ist. Es trägt die Jahreszahl 1612. Auf den Säulen zwischen den drei Bildern stehen Adam und Eva und darunter zwei Wappen, rechts auf der Seite des Mannes ein halbgeöffnetes Kännchen (= Gießenbier) und links eine Armbrust (= Schütze!), dazu die Buchstaben J. G. und M. S.; Johann Gießenbier und Margarethe Schutte (s. Abb.). Für die Namenserklärung ist aber auch dies redende Wappen kein durchaus sicherer Beweis.

Tafel 5
Relieffries am Hause Gießenbier in Salzuflen, 1612.
(Wappen Gießenbier und Schutte, vgl. S. 16.)

Ein ähnliches Wappen (in Blau eine bebänderte goldene Armbrust, auf dem Helme mit goldener Decke das Schildbild) führt ein Geschlecht Schutte35a), das seinen Ursprung auf Petrus Schütte, Herr zu Overnkerken (Oberkirchen) in Sauerlande, auf dem Schuttenhofe, um 1500, zurückführt. Dieser Schüttenhof kam aus dem Stammgeschlecht Schutte durch Erbheirat an das Geschlecht Wortmann, des Stammes Henrichs, das den Namen Schutte annahm, von diesem durch Erbheirat wieder auf das Geschlecht Esfeldt, das seitdem in dem auf dem Schuttenhofe ansässigen Zweige auch den Namen Schütte führt. Das Wappen ist angenommen worden in Anlehnung an ein Siegel des Simon Schütz (Schütte), 1547 Kellner zu Arnsberg, 1551 Amtmann und Befehlshaber zu Bilstein. Ein Zusammenhang dieses Geschlechts mit den Schutte (Schütte) zu Lemgo-Salzuflen liegt jedoch wohl kaum vor.

Die Form Schuttink wäre vielleicht patronymisch zu erklären, = Sohn des Schutte. Alle diese Namenserklärungen sind, wie Namenserklärungen meist, sehr unbestimmt.

Vom Geschlecht Schutte zu Salzuflen selbst aber wissen wir nun, daß, ehe es auf den Meierhof zu Schwabedissen kam, sich seine Glieder in der Stadt Salzuflen als freie Bürger ansässig fanden. Dem Rate dort stellten sie Mitglieder, waren demnach wohl angesehen, geachtet und einflußreich. Wie in Salzuflen, so gehörten sie auch in Lemgo zu den ersten Geschlechtern, zum Patriziat ("Stadtadel"). Auch die Belehnung mit dem Meierhofe zu Schwabedissen deutet zweifellos auf hohe soziale Stellung des Geschlechts hin. Der Besitz der Salzhäuser hatte den Schuttes jedenfalls gute Einnahmen gebracht, so daß sie zum Erwerbe von Ländereien, schließlich gar des Meierhofes zu Schwabedissen, kamen. Als Freie kamen sie auf das freie Lehnsgut der Abtei Herford.

Die Moller oder Molner.

In der ersten Zeit begegnet uns neben dem Namen Schutte der Name Moller oder Molner in den Lehnsregistern und anderen Urkunden. Es findet sich35b):

1437 Nolte Molner zu Lemgo.
1487 Johann Molner zu Salzuflen.
1493 Gograf Deppe Molner zu Salzuflen
1508 Bernd Moller, 18 stucke landes und ein garden vor Uffelen, aus dem Besitze des Bürgermeisters von Grest, alles behorig in dat Ampt to Seligenworden.
1512 ein Johann Molner, gestorben im Kolenhus to Radewyk (Herford), ohne Erben.
1532 Johann Molner, borger to Soltuflen, sein Bruder Joist Molner, seine Schwäger Berthold to Buxenn und Berndt Wilmanns.
1534 hat Katharina, nagelatene Weidewe Johann Molleners saliger, Borgersche to Ufflen 1/4 des halben Hofes zu Schwabedissen zu Lehen.

Damit verschwindet der Name Molner - Moller aus dem Lehnsregister und späterhin finden sich nur noch die Schuttes dort, die zunächst Schutte, Meyer zu Schwabedissen und später bald ausschließlich Meyer zu Schwabedissen genannt werden. Man darf wohl vermuten, daß die Schutte und die Moller (Molner) verwandte Geschlechter waren.




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21) Lippische Regesten, Falke: Cod. trad. Corb. p. 753.

22) Schuttink: Lippische Regesten, Nr 1002.

23) Staatsarchiv Münster: Mskr VII 3321 d. p. 35 (Darpe S. 94).

24) Staatsarchiv Münster: Rep. 202 a Nr. 93, s. auch "Beiträge zur Geschichte der Familie Huchzermeier" von Dr. med. Hermann Huchzermeier, Leipzig 1926.

25) Staatsarchiv Münster: Rep. 202 a Nr. 43.

26) Staatsarchiv Münster: Mskr. VII 3325 d fol. 17 b (Darpe S. 273), Lehnsprotokoll 1489, s. Abbildung.

27) ebd. fol. 42 b (Darpe S. 288), s. Abbildung.

28) ebd. fol. 39 b (Darpe S. 286).

29) Staatsarchiv Münster: Mskr VII 3325 d fol. 42 b (Darpe S. 288).

30) ebd. fol. 54 b (Darpe S. 297), s. Abbildung.

31) ebd. fol. 66 b (Darpe S. 305).

32) ebd. fol. 66 b (Darpe S. 305).

33) Staatsarchiv Münster: Mskr. VII 3325 c fol. 85 a (Darpe S. 316).

34) ebd. fol. 89 b (Darpe S. 319).

35) Akten im Lippischen Landesarchiv: Schwaghof; Lippische Regesten, Nr. 2930 (Bd. IV). - Lipp. Regesten Nr. 1429 (Bd. II).

35a) vgl. Deutsches Geschlechterbuch Bd. 53 (Sauerländisches Geschlechterbuch Bd. 2) S. 356 fg., Verlag C. A. Starke, Görlitz, 1927.

35b) Die Aufführung der Träger des Namens Molner = Moller nach Darpe und den Lippischen Regesten.





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